Die Rückkehr der Abi-Ritter

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20jähriges Abitur-Jubiläum

…und dann war es soweit!

Ich möchte mich hier noch einmal bei allen bedanken,
die geholfen haben dieses Fest zu organisieren und zu realisieren.
Meinen besonderen Dank an Elke, Christian, Torsten, Lutz und Rainer,
ohne euch wäre es ein Hinterhofgrillabend geworden.

So wurde es eine
bisfünfuhrzwanzigimschulhofundtrotzdemwardiezeit
vielzukurzumalleszusagendassolltemanöfter
machenundsuperwaressowiesound
washabeichmichgefreutdenmalwiederzusehenPARTY

Ich möchte mich auch bei allen bedanken, die gekommen sind und die Feier zu einem gelungenen Fest werden zu lassen. Natürlich gilt ein besonderer Dank Herrn Hentschel, der uns sehr gut umsorgte und uns den Rundgang durch die Schule ermöglichte.
Vielen herzlichen Dank!

Die Rückkehr der ABI-RITTER

Es war nicht nur die Auferstehung von Darth Hentschel, der mit Hilfe der Macht in den letzten 20 Jahren ein Mittel gefunden haben musste, um die Alterung der Menschheit zu stoppen. Es war auch der problemlose Rückfall in Verhaltensweisen, die ich schon seit Jahrzehnten nicht mehr als zu meinem Habitus gehörend betrachtete, was mein grenzenloses Erstaunen hervorgerufen hatte. Schon am Telefon versetzten mich die so erstaunlich vertrauten und unveränderten Stimmen plötzlich 20 Jahre zurück in eine Zeit, in der ich noch die Muße hatte, den Tag auf mich zukommen zu lassen, ohne zu wissen, was am Ende daraus geworden sein mochte. Verantwortung war ein Wort im Lexikon und Eltern-Kindbeziehungen kannte ich nur aus einer Perspektive. Die Musik war die gleiche wie heute, nur es waren die Originalssongs und keineRemakes.

Und dann stand 20 Jahre später ich im neugestalteten Schulhof und suchte mich zu erinnern wie der kalte, miefige Raucherhof ausgesehenen hatte, der direkt an den Haupteingang angeschlossen war und der im Winter immer eine gute Zielscheibe für die Fünftklässler abgab. Es standen graue klobige Getränkeautomaten herum und ich glaube mich auch an die triste Weite des ungeschmückten Hofes erinnern zu können. Damals waren die Raucher übrigens noch in der Überzahl. Wir wussten nicht mal wie man Biotop schreibt und wir hatten garantiert keines im Schulgarten! Dafür haben wir König Karneval beerdigt weil wir Rosenmontag in die Schule mussten und müssen dafür heute miterleben, wie dieses Monument schulischen Demokratieverständnisses von einem Fahrradständer entweiht wurde! Na ja, Saddamstatuen haben sie auch umgerissen. Und wir sind mit dem Sonderzug nach Bonn gefahren um gegen den Nato-Doppelbeschluß zu demonstrieren.


Frag mal heute einen angehenden Abiturienten wo Bonn liegt! Leider haben wir damals kein Denkmal für den Hausmeister Peffer errichtet, der uns, mit der Zigarre im Mund, Milch verscheuerte und irgendwas von „is ja gesund“ brummte, wenn wir abwägten ob das Wechselgeld noch für Kippen reichte. Damals kosteten Zigaretten 2 Mark je Packung und dreißig Pfennig waren noch in die Schachtel als Rückgeld eingeschweißt.


Heute gibt es eine schöne Sitzecke im Hof und begrünte Raumtrenner. Um 5.10 Uhr nach dem Jubiläumstreffen lernte ich die neuen Sitzmöglichkeiten erst richtig schätzen. Raucher gibt es übrigens auch noch ein paar, auch wenn die meisten jetzt diese fiesen braunen Stumpen qualmen und irgendwasvon Bodymassindex erzählen, wenn man ihretwegen hustet.

Nachdem ich über ein Jahr auf den Moment gewartet hatte, erfasste mich doch eine ziemliche Unruhe als ich die ersten Mitschüler erblickte. Noch schnell den Bauch eingezogen, man will ja schließlich eine gute Figur machen und rein in das Getümmel. „Mensch, du, du hast dich ja gar nicht verändert – aber wie war doch gleich noch dein Name?“ Einige alte Freunde erblicken, die sich Sorgen machen weil man angeblich so seltsam blau im Gesicht ist, bis man plötzlich den Bauch wieder rausschnellen lässt und sich dann mit echter Freude umarmen kann, Hände schütteln und sich freuen, weil alle sich irgendwie verändert haben und gleichzeitig doch nicht. Na gut, außer Hentschel sind alle ein bisschen älter geworden aber ich hätte wirklich JEDEN wiedererkannt, bis auf die Martheleistungskursler und die Bioleistungs- und die Englischleistungskursler und und ..

Es waren auf alle Fälle so viele Leute da, das wir mit dem Erfolg der Organisation mehr als zufrieden waren. Das amtliche Endergebnis ergab 57 ehemalige Schüler und drei Lehrer.
In Prozent soviel wie das Wahlergebnis der CDU in Nettetal, das ist doch wirklich mal ein schönes Ergebnis! Für das Abi-Jubiläum natürlich, politisch bin ich als Bayer sowieso nicht in der Lage Wahlergebnisse zu kommentieren.Zurück zum Thema!

57 ehemalige Mitschüler versammeln sich, heucheln etwas von „schön“, „nett gestaltet“ „sind ja interessante Flöten die da hängen“ als ihnen der neue Eingangsbereich der Schule vorgestellt wird und hecheln doch insgeheim nur dem Augenblick zu, auf den alle gewartet haben:
Die Erstürmung des LEHRERZIMMERS!


Jahrelang hatte man gebibbert, jeden Morgen erhofft, die zwanzig Meter vom Lehrerzimmer bis zur Eingangshalle reichen um Herrn Direktor Pauly hinter sich zu lassen, der die Zuspätkommer höchstpersönlich in Empfang nahm. Tief hinten im Schulgebäude lag sie, die Höhle des Schreckens, die Kammer der Folterknechte, die Burg des Grafen Strafar Beiten.

Berge von Klassenbüchern verschwanden in diesem Bermudadreieck von braunen Aktentaschen und weißgekreideten Hemdärmeln und alle enthielten Sätze wie: wiederholt zu spät gekommen, stört wiederholt den Unterricht, hat wiederholt die Hausaufgaben nicht erbracht. In diesen Büchern stehen mehr Wiederholungen als in einer Zeitschrift mit dem aktuellen Fernsehprogramm. Endlich saß ich in diesem Hort des Bösen, sah die sehr schön drappierten Bücherstapel mit Goethes Faust zuoberst und dachte ….. Ein kleines Wort an alle aktuellen Schüler die gerade diese Seiten lesen:Liebe Schüler, kommt doch selbst erst in das Alter in dem ihr dort sitzen dürft und bildet euch dann eure eigene Meinung. :-)))

Es folgte der Schulrundgang, bei dem ich erfahren durfte, dass die Hälfte der Schuldekoration aus dem Fundus von Herrn Hentschel stammt, die dieser bei diversen privaten Umzügen als zu sperrig betrachtete und der Schule „spendete“, dass die Schule inzwischen Computer besitzt, die nicht mit Fahrradpedalen zur Stromversorgung funktionierten und das die Karten die wir, wie Generationen von Schülern vor und nach uns, immer noch an der selben Stelle hängen. Man konnte mit der Beseitigung von Kleinasien schon damals eine halbe Stunde Freizeit herausschlagen. Das weiß sogar der Herr Bush.

Etwas erstaunt war ich dann doch, dass man die aktuellen Kunstarbeiten der Abiturienten mitnehmen durfte, weil sie seit Wochen im dem Riesenblumenkübel im Treppenhaus stehen und wohl keine Wurzeln schlagen. Seltsam, wir haben unsere Bilder damals in der Werner-Jaeger-Halle aufgehängt und eine Ausstellung veranstaltet. Die Arbeiten waren übrigens das einzige Bunte im Riesenblumenkübel, darum haben wir sie dann doch stehen lassen um den gemütlichen Gesamteindruck des Treppenhauses nicht zu beeinträchtigen. Gemütlich und beeindruckend ist auch der neue Physiksaal, die Schüler haben jetzt eigene Spielkonsolen die von der Decke geklappt werden können. In jeder Konsole befindet sich ein Anschluss für Pils, Alt, Sauerstoff und Lachgas.

Zustände von den wir nur träumen konnten. Allerdings riecht es im Biologiesaal und im Chemiesaal immer noch nach Angstschweiß und der ist bestimmt nicht synthetisch hergestellt, sondern wie damals, in mühevoller Kleinarbeit von den Schülern zusammengetragen. Die Stühle sind die gleichen wie damals und der ausgestopfte Kleintierzoo wird noch genauso liebevoll in Unordnung gehalten wie zu meiner Zeit. Die Schule ist eine perfekte Mischung aus Museum für die vorbeiziehenden Ex-Abiturienten und modernem Lehrstoffvermittlungszentrum mit technischen Raffinessen und wenn die vielen Lehrer die wir damals schon hatten und die alle noch an dieser Schule unterrichten, nur halbwegs so liebevoll modernisiert wurden wie die Schule, dann findet der nächste Miss-Universum-Wettbewerb mit Beteiligung diverser Sozialkundelehrerinnen aus Nettetal statt. Bei unserem silbernem Abi-Jubiläum in fünf Jahren hole ich die Lehrer höchstpersönlich ab. Es sind jetzt schon alle herzlich eingeladen!

Nach den kilometerlangen Wegen kreuz und quer durch die Schule, der Begutachtung der Hofsauna, ehemals liebvoll Pavillon oder Asbestklause genannt und meiner insgeheimen Zählung der neu errichteten Backsteintoiletten im Hof, bei denen ich bei dreiundzwanzig aufhörte zu zählen, zogen wir unter dem Beifall der Nettetaler Anwohner im Festumzug in die Lokalität „Bei Helmut“. 

Wie schon der Name sagt, wäre ich vor zwanzig Jahren nicht mal in dieses Lokal gegangen, wenn mein Blase die Größe eines Medizinballes erreicht hätte. Sorry, Helmut, waren andere Zeiten. Mit Herrn Schlewitz und Herrn Schmitz trafen tatsächlich an diesem Brückenwochenende noch zwei weitere Lehrer ein und vertraten die Lehrerschaft in einer vorbildlichen Manier. Herr Schmitz zog sich selbst dann nicht zurück als von den 57 Abiturienten mindestens 53 lauthals skandierten: Brüder aufs Rad, aufs Rad und lasst ihn laufen! Bei meinem alten Deutschlehrer Herrn Schlewitz wollte ich unbedingt meine Geschichte loswerden von meinem Politikstudium und meiner angestrebten Laufbahn als Journalist und wie sehr er mein Leben beeinflusst hat und Wein trinken und Literatur und und und Und dann begrüßte er mich mit dem Satz „ach der Herr Pollen, der von der Gesamtschule“ und ich habe den ganzen Abend damit verbracht, mich zu fragen was er wohl damit meinte. Was will er mir damit sagen und was …. ich muß ihn noch mal anrufen. Er hat mich sehr verwirrt.

Verwirrt hat mich übrigens auch die Tatsache, dass Diebels jetzt Pils herstellt. Ich habe mehr denn je das Gefühl, seit ich in Bayern wohne hat sich die Welt am Niederrhein sehr verändert.
In den Seen kann man schwimmen ohne mit Schlick an den Füßen fast zu ertrinken. Burg Krickenbeck ist keine Ruine mehr, aber man darf nicht mehr nach Kaldenkirchen fahren und die blaue Lagune hat das Loch im Zaun gestopft, weil an diesem ehemaligen Baggerloch mehr Menschen aus dem Ruhrgebiet versammelt sind als auf Schalke.

Nur die Abiturienten von damals sind eher das geblieben was ich in meiner Erinnerung hatte. Die Laufbahnen sind doch mehrheitlich so verlaufen wie wir es damals befürchtet haben als wir die aufmüpfigen Sturköpfe waren und nicht diejenigen, die jetzt von dieser Sorte selbst welche zuhause rumlaufen haben. Der Zahn der Zeit hat an einigen Geheimratsecken genagt und die Polster für die kalten Winter am mittleren Niederrhein sind auch auf manche Hüften angelagert worden, es ist eben wie bei den vielen Menschen in unserem Kulturkreis.